Klimaschutz in die Berner Verfassung

14.05.2020

Vernehmlassungsantwort der JUSO Kanton Bern

Auf der Basis der parlamentarischen Initiative «Klimaschutz als vordringliche Massnahme in der Kantonsverfassung verankern» hat die Bau-, Energie-, Verkehrs- und Raumplanungskommission des Grossen Rates des Kantons Bern, hat der Grosse Rat in der Sommersession 2019 entschieden, sie vorläufig anzunehmen und die BaK mit der Ausarbeitung zweier Varianten beauftragt. Diese liegen nun zur Vernehmlassung vor.
Verantwortung des Kantons bezüglich Klimaschutz
Die Klimakrise und deren katastrophalen Auswirkungen sind spätestens seit dem Meadowsbericht 1972, auch bekannt als Club of Rome, bekannt und die Stossrichtung des Meadowsberichtes mit zahlreichen Studien belegt. Dass die Klimakrise unser Leben und das der künftigen Generationen verändern wird und die Erde prägt ist klar. Jedoch ist die Frage der Verantwortlichkeit immer wieder ein Streitpunkt. Für die JUSO Kanton Bern ist klar: Wir alle stehen in der Pflicht, diese Krise abzuwenden. Die Verantwortung zu tragen bedeutet jedoch nicht, Massnahmen und Regelungen abzunicken, welche keinen Umverteilungseffekt beinhalten. Ohne die Verpflichtung von Finanzinstitutionen und Unternehmen zu Klimaschutz und zur Einhaltung der Menschenrechte gibt es keinen konsequenten Klimaschutz.
Im 4. Abschnitt des 2. Kapitels der Bundesverfassung sind die Zuständigkeiten bezüglich Umwelt und Raumplanung geregelt. In diesem Abschnitt der Bundesverfassung kommt den Kantonen eine hohe Verantwortung und Souveränität zu. So sind die Kantone verantwortlich für den Natur- und Heimatsschutz (Art. 78 BV) bei dem es unteranderem um den Schutz von Mooren und Moorlandschaften geht (Art. 78 Abs. 5 BV) sowie den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt (Art. 78 Abs. 4 BV). Neben dem Natur- und Heimatsschutz kommen den Kantonen auch beim Gewässerschutz (Art. 76 BV) sowie dem Umweltschutz (Art.74 BV) und der Raumplanung (Art.75 BV) grosse Kompetenzen zu.
Somit sieht die Bundesverfassung klar vor, dass die Kantone in diesen Bereichen ihre Souveränität haben. Für die JUSO Kanton Bern bedeutet dies, dass der Kanton Bern seine Kompetenzen in diesen Bereichen nutzen muss und den Klimaschutz zwingend in der Verfassung verankern muss um eine klare Zielsetzung zu haben.
Varianten der Verfassungsänderung
Die BaK hat zwei Varianten einer Verfassungsänderung zur Vernehmlassung vorgelegt. Diese beiden Varianten betreffen den neuen Artikel 31 zum Klimaschutz. Grundsätzliches Ziel der Verfassungsänderung sei:
«Bis ins Jahr 2050 muss der Kanton Bern klimaneutral sein. Zudem
beinhaltet der Klimaschutz nicht nur die Reduktion der Treibhausgasemissionen, sondern
auch die Anpassung an die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels. Dementsprechend
soll der Kanton Bern einerseits Anstrengungen unternehmen, die weitere Erwärmung des Klimasystems zu unterbinden. Er soll andererseits auch Massnahmen treffen, um angemessen
auf die Auswirkungen des Klimawandels reagieren zu können. Die neue Verfassungsbestimmung
erwähnt zudem das Prinzip der Nachhaltigkeit, nach dem beim Klimaschutz sowohl die
Umwelt, Gesellschaft als auch die Wirtschaft gleichermassen berücksichtigt werden müssen.»[1]
Die Klimaneutralität bis 2050 entspricht dem Pariser Klimaabkommen und stimmt mit der Energiestrategie 2050 des Bundes überein. Jedoch ist eine Klimaneutralität bis 2050 nicht ausreichend! Die JUSO Kanton Bern fordert, dass die Klimaneutralität bis 2030 erreicht werden muss. Gewisse Folgen der Klimakrise sind bereits heute irreversibel. Das bisher ausgestossene Co2 kann nur mithilfe von sehr aufwendiger Technologie entfernt werden und ein gewisser Anstieg der globalen Temperatur ist bereits jetzt klar. Zudem ist der Ausstoss des Co2 nur ein Puzzleteil der anthropogenen Klimakrise. Ein weiterer grosser Einflussbereich des Menschen auf das Klima und die Umwelt ist über die Landwirtschaft. So hat die industrielle Landwirtschaft erhebliche Schäden an Böden, Pflanzen und Tieren schon jetzt verursacht und stört den Stickstoffkreislauf der Natur. Beide Varianten der Verfassungsänderung werden dieser Krise nicht gerecht.
Variante 1
In der ersten Variante des neuen Artikel 31 zum Klimaschutz bekennen sich Kanton und Gemeinden unter Art. 31a Abs. 1 zu einer aktiven Klimaschutzpolitik. Im Abs. 2 des Art. 31a wird die Klimaschutzpolitik definiert durch «einen gebührenden Beitrag zum globalen Ziel, den Anstieg der Erdtemperatur auf deutlich weniger als 2 Grad Celsius über dem Vorindustriellen Zeitalter zu beschränken».
Das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu beschränken, ist nicht genügend. Um die Krise mit ihren katastrophalen Folgen zu bekämpfen muss sich der Kanton Bern auf das Ziel von einer maximalen Erderwärmung von 1.5 Grad Celsius, welches die Klimastreikbewegung fordert, bekennen.
In Art. 31a Abs. 3 bekennt sich der Kanton Bern dazu, Massnahmen zu ergreifen zur Reduktion von Treibhausgasen. Jedoch wird die sozialverträgliche Ausgestaltung dieser Massnahmen, im Vergleich zur Variante 2, nicht erwähnt. Die sozialverträgliche Ausgestaltung von Klimaschutzmassnahmen ist zentral, denn die Klimakrise wird zum grössten Teil von globalen Unternehmen und Finanzinstituten befördert, die immer weiter in klimaschädliche Produkte investieren und damit Gewinne verschreiben, ohne sich um die Auswirkungen auf die Umwelt und die weniger privilegierten Menschen zu schären. Umverteilende Massnahmen sind deshalb unabdingbar.
Dass öffentliche Finanzflüsse auf treibhausgasarme und gegenüber der Klimakrise resistente Entwicklung ausgerichtet werden soll (Art. 31a Abs. 5), ist zwingend notwendig. Da der Kanton keine Kompetenzen hat, Vorschriften bezüglich privaten Finanzinstitutionen und Unternehmen in diesem Punkt zu machen, muss er sich aktiv einsetzten, dass eine schweizweite Regelung erfolgt.
Variante 2
Bei der zweiten Variante der Verfassungsänderung orientierte sich die BaK nach eigenen Angaben an der Gletscherinitiative.
In dieser Variante werden im Art. 31a Abs. 1 KV Kanton und Gemeinden auf die Begrenzung der Klimaveränderung und deren Auswirkungen verpflichtet. Der Einbezug der Auswirkungen ist in Anbetracht der sozialen Verträglichkeit des Klimaschutzes zentral. Daher ist der Abs. 3 der Variante 2 deutlich besser als der Abs. 3 der Variante 1 von Art. 31a KV.
Der Bezug in Abs. 2 des Art. 31a KV auf das Jahr 2050 ist, wie einleitend geschrieben, ungenügend. Es braucht eine klare Verpflichtung zu «Netto Null bis 2030». Netto Null meint dabei nicht, dass die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels allein Kompensationsmassnahmen nach dem Ausstoss geschehen, sondern sie müssen zwingend am Ursprung geschehen.

Bilanz

Grundsätzlich ist die Variante 2 der Variante 1 vorzuziehen, da sie den Aspekt der sozialen Verträglichkeit von Klimaschutzmassnahmen beinhaltet und sich auf einen klaren Zeithorizont bezieht. Jedoch ist dieses Ziel von «Netto Null bis 2050» nicht genügend, weshalb die Variante 2 nicht ausreichend ist und verbessert werden sollte.
[1] Vortrag der Bau-, Energie-, Verkehrs- und Raumplanungskommission an den Grossen Rat zur Änderung der Verfassung des Kantons Bern (Parlamentarische Initiative zum Klimaschutz)
Bild von http://systemchange-not-climatechange.at