Offener Brief an Ständeratspräsident und Gemeinderat der Stadt Bern

24.09.2020

Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident

Sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der Stadt Bern

In der Nacht von Sonntag auf Montag haben Klimaaktivist*innen den Bundesplatz besetzt und demonstrieren seither vor dem Bundeshaus. Die JUSO Kanton Bern und Stadt Bern begrüssen diesen Schritt und unterstützen die Klimaaktivist*innen in allen ihren Forderungen. Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise und dem verantwortungslosen Handeln der institutionellen Politik, ist diese Demonstration trotz Demonstrationsverbot während Sessionen vor dem Bundeshaus ein Gebot der demokratischen Vernunft.

Das Versagen der institutionellen Politik ist offensichtlich: Das nationale Parlament ist weit davon entfernt, das notwendige Klimaziel, also netto 0 bis 2030, zu beschliessen. Doch statt dass die Parlamentarier*innen ihre Arbeit verantwortungsvoll erledigen und jungen Menschen eine Perspektive aufzeigen würden, kritisieren insbesondere bürgerliche Parlamentsmitglieder die friedliche Aktion und fordern eine (gewaltsame) Räumung. Damit spielen sie sich nun als Moralapostel auf und belehren die Klimaaktivist*innen nach Jahren der klimapolitischen Sabotage im Bundeshaus. An Heuchelei kaum zu überbieten.

Umso enttäuschender ist für uns die Reaktion von Ständeratspräsident Hans Stöckli als SP-Parlamentarier. Die JUSO Kanton Bern und Stadt Bern verurteilen, dass er den Befehl zur Räumung des Camps eigenhändig unterschrieben hat und damit mitverantwortlich für den Räumungsbefehl der Bundesversammlung ist. Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus. Friedliche Klimaaktivist*innen gewaltsam zu vertreiben ist nicht nur nicht verhältnismässig, es wäre angesichts der Klimakrise vor allem ein Angriff gegenüber allen jungen Menschen. Bei der Güterabwägung zwischen einer Tolerierung einer zwar verbotenen, aber äusserst friedlichen und harmonischen Klimademonstration und einer gewaltsamen Räumung des Camps mit vielen Minderjährigen, ist deshalb klar, dass nur die Tolerierung der Demonstration mit verantwortungsvollen und demokratischen Grundwerten vereinbar ist.

Deshalb rufen die JUSO Kanton Bern und Stadt Bern den Berner Gemeinderat auf, dem Druck des nationalen Parlamentes standzuhalten und weiterhin zu ihrem Versprechen einer nachhaltigen Klimapolitik zu stehen und den Klimanotstand weiter zu akzeptieren. Weder Parlamentarier*innen noch andere Menschen werden durch die Aktion gefährdet. Der Druck des nationalen Parlamentes, auf die demokratische Meinungsäusserung mit Repression zu reagieren und die Demonstration gewaltsam zu räumen, lenkt lediglich vom eigenen Versagen ab und widerspricht unserem demokratischen Grundverständnis. Die JUSO Kanton Bern und Stadt Bern rufen deshalb den Berner Gemeinderat auf, die Klimaaktivist*innen gewähren zu lassen und von einer Räumung abzusehen.

In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Solidarische Grüsse

JUSO Kanton Bern

JUSO Stadt Bern